Resonanz der Leser

Zum alltäglichen oppositionellen Leben gehörte u.a. die Überwindung der Angst, da mit Repressalien in verschiedensten Formen zu rechnen war: Diskreditierung, Zulassungsbeschränkung zum universitären Studium, Berufsverbot, Einschüchterung, Isolation, etc.

So blieben Reaktionen auch auf das Erscheinen des Samisdats "LausitzbotIn" (unser Fallbeispiel) nicht aus. Es gab diese nicht nur von der staatlichen Seite, sondern auch von Kirche und Leserschaft. Eine Vielzahl von Leserbriefen an die Redaktion zeigt diese Resonanz.

Leserbriefe an die Redaktion der "LausitzbotIn"


 

"... - wäre ein Bezug Eurer Lausitzbotin möglich? Kein ständiger - wir wissen von Materialbeschaffungs-schwierigkeiten; aber der Kontakt ist doch wichtig für uns alle! ..."
 

"... Ich finde es gut, daß ihr so viele, uns alle bewegende Fragen, ansprecht - weiter so! ..."
 
 
 

"... Auf welche Weise können wir Euch unterstützen?? auch betreffs der Ordnungsstrafen oder habt ihr die aus Spendenmittel decken können? ..."
 
Leserbriefe waren nicht ungefährlich, denn es gab praktisch kein Postgeheimnis. Dies war formell zwar durch die Verfassung garantiert, jedoch wurde der gesamte Postverkehr der DDR sowie telefonische Gespräche in die, aus der und innerhalb der DDR durch die Staatssicherheit überwacht.
weitere Leserbriefe:
 
Leserbrief 1
(ca. 216.5 kByte)
 
Leserbrief 2
(ca. 415.3 kByte)
 
Leserbrief 3
(ca. 363.7 kByte)
 
Leserbrief 4
(ca. 399.5 kByte)
 
(Quelle der Leserbriefe: Archiv der Umweltbibliothek Großhennersdorf)
Aus: Jürgen Fuchs - Vernehmungsprotokolle*
 
19.11.

Zeigen Sie Ihren Personal-ausweis. Steigen Sie aus. Schließen Sie die Wagentür. Folgen Sie uns zu diesem Fahrzeug. Steigen Sie ein. Die Wagentür wird zugeschlagen und von innen verriegelt. WER SIND SIE? Ministerium für Staatssicherheit. Gegen Sie liegt eine Anzeige vor. Wir bringen Sie zu unserer Dienststelle. Dort erfahren Sie alles weitere. WAS FÜR EINE ANZEIGE, WER HAT MICH ANGEZEIGT? Alles weitere erfahren Sie in unserer Dienststelle. WARUM BEHALTEN SIE MEINEN AUSWEIS? Das ist bei uns so üblich, sagt er, das ist das Recht des Gastgebers.

Als ich meinen Ausweis gezeigt hatte, dachte ich: Vielleicht meinen sie einen anderen. Vielleicht meinen sie einen von denen, die auch im Wagen saßen, einen von meinen Freunden. Einen anderen, nicht mich. Aber sie meinten mich. Und keinen anderen.

Schweigen / Leere / diese Gesichter und ihr Lächeln / sie brüllen nicht / sie schlagen nicht / warum brüllst du nicht / warum schlägst du nicht um dich / was ist sinnvoll, was sinnlos / worin liegt der Sinn / und wo die Absicht / und wohin und warum.

Woher kommt dieser Schock? Es ist etwas eingetreten, womit zu rechnen war. Aber womit habe ich denn gerechnet? Ich habe von "der Möglichkeit eineer Verhaftung" gesprochen. Aber das waren Wrte. Ich habe doch gar nicht gewußt, was es heißt, verhaftet zu werden. Ih habe Worte verwendet, deren Bedeutung, deren Erlebnisinhalt ich nicht kannte. Ich habe nicht gewußt, wovon ich sprach.


(* Jürgen Fuchs: Verneh-mungsprotokolle November´76 bis September´77; Rowohlt, Reinbeck 1978)