Etappen der Herstellung

 

"Das Gefährlichste am Samisdat war seine Herstellung, nicht die intellektuelle Arbeit!"

(Ilko-Sascha Kowalczuk)
 

Die Herstellung der Samisdat-Publikationen bestand aus drei Etappen:

1. inhaltlich-redaktionelle Erarbeitung

Die im Samisdat angesprochenen Themen umfassen ein breites Spektrum: von Umweltzerstörung zu politisch- und gesellschaftskritischen Zusammenhängen bis hin zu internationalen Themen wie z.B. das Tian’men-Massaker in Peking.
Die Redaktionsarbeit bestand zum einen aus der Textproduktion. Das andere waren ausdrucksreiche Zeichnungen und wirkungsvolle Illustrationen, bevorzugt Karikaturen.
2. Vervielfältigung

Was mit heutiger Vervielfältigungstechnik möglich ist, stellte die potenziellen Herausgeber und Hersteller von Druckerzeugnissen in der DDR nicht nur vor rechtliche Probleme. Auch technisch galt es, die beschränkten Möglichkeiten zu nutzen. So mussten zumeist Gerätebestände aus Kirchgemeinden genutzt werden. Die noch z.T. aus den 1930er Jahren stammenden Geräte bedienten sich zumeist eines einfachen Wachsmatrizenverfahrens.
3. Verteilung
redaktionelle
Aufgaben
vervielfältigungs-fähige
Schreibverfahren
zur Verfügung stehende
Vervielfältigungs-technik
sich anbietende
Verteilungswege
Texterarbeitung

Grafikerstellung
Schreibmaschine

elektronische Schreibmaschine

Erika (Kofferschreib-maschine)

Commodore (C 64)

Nadeldrucker
Blaupapier

Wachsmatrize

Ormigverfahren
örtliche Kirchgemeinden

regionale bzw. überregionale Verteilerlisten

Netzwerke der Opposition

Postweg
 
Dorothea Sölle
 
Krieg

Wir können nicht denken
was wir nicht tun
darum ist es nicht genug
die todespläne bekanntzumachen
die todesingenieure zu enttarnen
den todesprofit zu errechnen

Wir können nicht fühlen
was wir nicht tun
darum ist es nicht genug
den frieden zu loben
den frieden zu träumen
um frieden zu bitten

Wir können nicht leben
was wir nicht tun
darum ist es nicht genug zu sehen
den krieg gegen vögel und bäume
den krieg gegen die kinder der armen

Wir leben im krieg
mit uns selbst
weil wir uns unterwerfen
dem grundgesetz
der gewalt

(In: Friedensreader 12, 1986)