Die Verfassung der DDR

1968 hatte die Verfassung der DDR ihre letzte wesentliche Veränderung erhalten. Mit einem „Volksentscheid“ am 6. März 1968 hatte auch gleichzeitig die letzte Ja-Nein-Wahl für DDR-Bürger stattgefunden.

Welches waren die wesentlichen Veränderungen?

Festgeschrieben wurden
- der alleinige Führungsanspruch der SED als Staatspartei
- die Planwirtschaft als Wirtschaftsform
- der Sozialismus als Staatsform
 
 

Die vorgenommene Verfassungsreform war Vollzug dessen, was bereits 1952 die II. SED-Parteikonferenz als Staatsziel formuliert hatte – den „planmäßigen Aufbau des Sozialismus“. Erst sieben Jahre nach dem Mauerbau von 1961 war man sich sicher genug, hierfür auch ein starkes Votum der Bevölkerung zu erhalten. Denn inzwischen war die Mauerteilung Deutschlands von den meisten DDR-Bürgern als alternativlose Situation begriffen worden.
Die Verfassung von 1968 entfremdete die Bürgerrechte vom bürgerlichen Kontext und stellte die Verbindung zur sozialistischen/kommunistischen Ideologie und deren Menschenbild her. Damit wurde im Verfassungstext die bereits praktisch vollzogene Entbürgerlichung der gesamten Gesellschaft manifestiert. Die Kluft zwischen Verfassungstext und Verfassungswirklichkeit erhielt gewissermaßen indirekt ihr Fundament.
Die Verfassung garantierte allen Bürgern individuelle Freiheitsrechte. So führte Artikel 20 neben Gewissens- und Glaubensfreiheit auch die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie die besondere gesellschaftliche und berufliche Förderung der Jugend an.
Artikel 27 der DDR-Verfassung behandelte die Meinungs- und Pressefreiheit. Hierzu hieß es im zugehörigen Kommentar: „Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist – wie die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (Artikel 28 und 29) – Ausdruck der sozialistischen Demokratie. Es steht in engem Zusammenhang mit dem wichtigsten und für die sozialistische Demokratie charakteristischen Grundrecht der Bürger, dem Recht auf umfassende Mitgestaltung des politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens der sozialistischen Gemeinschaft und des sozialistischen Staates (Artikel 21), und ist für die Realität dieses Grundrechts unerlässlich. Erfordert doch die Wahrnehmung des Grundrechts auf Mitgestaltung, dass die Bürger ihre Gedanken und Meinungen zu den Aufgaben und Problemen der sozialistischen Gesellschaft, zu ihrem Leben, Lernen und Arbeiten frei und öffentlich äußern. (...)“
Quelle: Verfassung der DDR…, 1969, S. 191

Die komplette Verfassung der DDR von 1949 wie auch von 1968 findet man unter
www.documentArchiv.de
Niederlage

Erst in der Niederlage lernen wir wahrhaft zu leben.
Freundschaft vertieft sich,
hebt wachsam den Kopf.
Selbst die Dinge werden wieder rein.
In der Luft tanzende Mauersegler
sind heimisch geworden im Abgrund.
Das Laub der Pappeln zittert.
Bewegungslos ist nur der Wind.
Die dunklen Gestalten der Feinde werden sichtbar
vor dem hellen Grund unserer Hoffnung. Der Mut
wächst. Sie, sagen wir von ihnen, wir, von uns,
du, von mir. Der bittere Tee schmeckt
wie eine Verheißung der Bibel. Mögen wir
nur nicht überrascht werden vom Sie.

(In: Oder. Literarische Text., Heft 4, 1987)